Epidemiologie der Leistenhernie (Häufigkeit der Erkrankung)
Der Leistenbruch ist die häufigste chirurgische Erkrankung. Die Inzidenz (= Neuerkrankungsrate) liegt bei ca. 200 auf 100.000 Personen. Männer erkranken 4-5 Mal häufiger an einem Leistenbruch wie Frauen, was an der unterschiedlichen Anatomie des Leistenkanals liegt. Anders ausgedrückt, bedeutet dies ein Erkrankungsrisiko für Frauen von 3% und für Männer von 27%. Ausserdem steigt die Inzidenz mit zunehmendem Lebensalter an und liegt bei Patienten mit positiver Familienanamnese 8-fach höher.
Folgende Risikofaktoren spielen bei der Entstehung eines Leistenbruches eine Rolle:
Anatomie der Leistenhernie
Der Leistenbruch, auch Leistenhernie oder Inguinalhernie genannt, ist die häufigste Hernienform. Bei einem Leistenbruch handelt es sich um einen Eingeweidebruch im Bereich des Leistenkanals. Durch den Leistenkanal läuft beim Mann der vom Hoden kommende Samenstrang mit seinen Blutgefäßen und dem Samenleiter. Bei der Frau ein Halteband für die Gebärmutter.
Kommt es zu einer Schwächung der Muskulatur der Bauchdecke kann sich eine Vorwölbung im Leistenkanal entwickeln und ein Leistenbruch entsteht. Durch diese Bruchlücke können das Bauchfell oder Teile von Bauchorganen hervortreten und als Schwellung in der Leiste tastbar oder sichtbar werden. Dies kann mit Schmerzen, insbesondere bei Belastung, einhergehen. Im schlimmsten Falle kann es zu einer Einklemmung von Gewebe in der sog. Bruchpforte kommen.
Entstehung der Leistenhernie
Heutzutage sieht man die Entstehung einer Leistenhernie als Störung der Kollagenbildung an. Dadurch kommt es zu einer Störung der Extrazellulärmatrix und damit zu einer geringeren Festigkeit des Gewebes. Insbesondere ist dabei der Abbau des sog. Kollagen III herabgesetzt und der Umsatz des Kollagen IV in der Basalmembran der Zelle vermehrt im Vergleich von Patienten die an einem Leistenbruch erkranken gegenüber Gesunden (vegl. Henriksen NA, Mortensen JH, Sorensen LT, et al.: The collagen turnover profile is altered in patients with inguinal and incisional hernia. Surgery 2015; 157: 312–21).
Symptome und Beschwerden der Leistenhernie
Das klassische Symptom eines Leistenbruches ist die wegdrückbare Vorwölbung in der Leiste. Dies muss nicht unbedingt mit Schmerzen für den Patienten einhergehen. Ungefähr 70% der Betroffenen geben jedoch Schmerzen in der Leistengegend oder im Genitalbereich an. Geklagt wird auch über Störungen beim Wasserlassen. Nur 7% der Patienten mit einem Leistenbruch haben keine Beschwerden.
Therapie der Leistenhernie
Grundsätzlich unterscheidet man Operationsverfahren mit Netzen und ohne Netze, sowie offene und laparoskopische Operationen.
Die klassische offene Operationsmethode nach Shouldice galt bis zur Einführung der Netzverfahren als Standardoperation. Dabei wird eine Muskeldopplung im Bereich des tiefsten Leistenmuskels (Musculus transversus abdominis) zum Verschluss der Bruchlücke vorgenommen. Heutzutage wird diese Operation nur noch in ausgewählten Fällen angewendet.
Abgelöst wurde die Methode durch die Netzverfahren, da diese mit deutlich weniger Schmerzen für den Patienten einhergehen und zu insgesamt bessere Ergebnisse führen.
Operation durch Hautschnitt
Die Standardoperation ist hier die Operation nach Lichtenstein. Benannt nach dem kanadischen Chirurgen Irving Lichtenstein der diese Methode 1984 einführte.
Die Lichtenstein Operation zählt zu der am weltweit häufigsten durchgeführten Leistenbruchoperationen. Dabei wird zur Verstärkung der Leistenwand ein Kunststoffnetz auf der Muskelschicht spannungsfrei eingenäht und der Leistenbruch damit beseitigt.
Auch in Deutschland werden ca. 80% aller Leistenbrüche in der Technik nach Lichtenstein operiert.
Es gibt auch weitere offene Operationsmethoden die angewendet werden. Welche Methode letztlich zum Einsatz kommt hängt maßgeblich von den individuellen Voraussetzungen des Patienten ab. Man spricht heute von maßgeschneiderten Vorgehen (tailored approach).
Operation durch Bauchspiegelung
Bei den endoskopischen Methoden erfolgt der Verschluss der Bruchlücke sozusagen von Innen und muss immer mit einem Netz vorgenommen werden. Der Zugang erfolgt dabei über 3 kleine Hautschnitte im Bauchbereich und im Nabel. Die Operation findet in Vollnarkose statt.
Zwei Verfahren werden unterschieden:
die Verfahren TAPP und TEP.
TAPP steht für transabdominelle präperitoneale Technik
TEP steht für total extraperitoneal
Was sind die Unterschiede und wie häufig wird welche Methode angewendet?
TAPP Hernioplastik
Die Netzimplantation erfolgt über einen Zugang durch die Bauchdecke in der Bauchhöhle mit der Platzierung des Netzes zwischen der Schicht des Bauchfells und der innersten Muskelschicht.
Dieses Verfahren ist das am häufigsten angewendete endoskopische Verfahren der Leistenbruchoperation und wird in ca. 80% der endoskopisch operierten Fälle angewendet.
Auch wir bevorzugen diese Methode.
TEP Hernioplastik
Bei dieser Methode erfolgt der Zugang zum Leistenbruch direkt über die Schicht zwischen Bauchfell und Muskulatur über die Präparation und Dehnung der Schichten über den Zugang durch unterhalb des Nabels unter endoskopischer Sicht. Auch hier wird dann ein Netzt platziert.